Ich bin Birte und ich bin eigentlich Redakteurin, aber ich hatte einen Schlaganfall mit Broca-Aphasie und über 1200 Stunden Logopädie.
Jetzt bin ich schon viel weiter und kann, mit Hilfe meiner Logopädin, kurze Texte für meinen Blog und für madoo.net verfassen. Jeder Schlaganfall (Massenblutung oder Verschluß eines Blutgefäßes im Gehirn (ich habe einen Stent, also Verschluß im Gehirn)) ist ein anderer Schlaganfall.
Manche Sachen mache ich unwillkürlich, zum Beispiel die Stirn runzeln oder den Mundwinkel hochziehen (weil ich mich so stark konzentriere) und manche Sachen kann ich nicht, zum Beispiel Klavier spielen mit zwei Händen.
Viele Leute wissen nicht, dass solche Sachen auch mit dem Schlaganfall zu tun haben.
Manche denken, man ist nach dem Schlaganfall noch derselbe Mensch wie vorher. Aber so ein Schlaganfall verändert einen, zum Beispiel weil man gezwungen ist Hilfe anzunehmen, da man Dinge einfach nicht mehr alleine schafft oder man plötzlich nicht mehr so sprechen kann, wie man das möchte.
Das Lesen ist bei mir nicht so stark eingeschränkt. Ich finde das Lesen toll, vor allem das Querlesen. Aber da „stolper“ ich natürlich, weil ich mir eigentlich mehr Zeit nehmen müsste, um das richtig zu lesen.
Aber es macht mich ganz kirre (vor allem wenn der Text länger als zehn Zeilen ist und die Sätze einen ungewöhnlichen Satzbau haben oder verschachtelt sind).
Vor dem Schlaganfall war das alles kein Problem. Und da möchte ich wieder hinkommen…
Ich muss ja einen Überblick über das, was im Text wesentlich ist, behalten. Über verschachtelte Sätze muss ich besonders nachdenken. Dabei runzel ich dann oft die Stirn oder ziehe den Mundwinkel hoch.
Warum sind meine Sätze beim Sprechen und beim Schreiben oft durcheinander? Der Grund ist, weil ich das nicht gut strukturieren kann, wenn ich es das erste Mal schreibe. Außerdem ist es für mich bei längeren Sätzen schwierig zu behalten, was ich jetzt eigentlich sagen wollte.
Ich denke dann so sehr über den korrekten Satzbau nach, dass ich vergesse, was ich eigentlich sagen wollte. Dazu kommt noch, dass ich manchmal überlegen muss, wie die Wörter eigentlich geschrieben werden. Also wieder anstrengend. So dass ich Pause machen muss!
Wenn ein Text fertig ist, lege ich ihn weg und mache etwas anderes, zum Beispiel die Gartenarbeit oder einen Kaffee kochen. Danach nehme ich mir wieder den Text und lese ihn nochmal. Dabei finde ich dann oft einige (aber nicht alle) Fehler. Das heißt, obwohl das Lesen bei mir noch nicht so hundertprozentig gut klappt, kann ich es als Hilfe für die Strukturierung von Sätzen benutzen, zum Beispiel nicht „…, weil der Schnee ist schön“ sondern „…, weil der Schnee schön ist.“
Beim Sprechen kommt noch dazu, dass ich Wortfindungsstörungen habe. Das heißt, mir liegen die Wörter auf der Zunge, aber ich komme einfach nicht auf deren Namen. Dafür habe ich mit der Logopädin zwei Strategien erarbeitet. Entweder überlege ich mit welchem Buchstaben das Wort beginnt ( zum Beispiel „fängt mit B… an….ach ja, Baum“) oder ich überlege wo das steht, wie das aussieht, was man damit machen kann (zum Beispiel „steht im Wald, hat viele Blätter… ach ja, Baum.“). Wenn das alles nicht hilft, dann muss ich das Wort löschen und ein anderes benutzen. Das ist auch eine Strategie! :-)
Mittlerweile ist es auf Twitter (mittlerweile 33.214 Tweets auf @zuckerhunde) stetig besser geworden. Das ist toll! Manchmal plapper ich wie ein Weltmeister und die Sätze sind trotzdem richtig. Aber manchmal, wenn ich aufgeregt bin, dann kann ich das nicht so präzise machen.
Beim Verstehen muss ich mich bei längeren Äußerungen noch sehr konzentrieren, damit ich sie richtig verstehe. Dazu spreche ich mir den Satz leise vor. Leider vergesse auch hier manchmal Teile und dann ist es schwierig für mich mein Gegenüber zu verstehen. Ich frage dann , ob die Person es bitte nochmal sagen kann.