Motivations-Urkunde von der Stiftung Schlaganfall-Hilfe…

…und meine Motivation unbedingt weiterzumachen!

Im Juli diesen Jahres habe ich erfahren, dass ich für den diesjährigen Motivationspreis der Deutschen Schlaganfallstiftung nominiert wurde. Dieser Preis wird von der Stiftung seit 2012 alle zwei Jahre verliehen. Damit sollen Menschen (Betroffene, Ehrenamtliche, Fachleute, Angehörige) exemplarisch ausgezeichnet werden, die sich gegen den Schlaganfall und dessen Folgen einsetzen.

Die Verleihung des Preises war im Oktober. Ich habe zwar den Preis nicht gewonnen, aber mich trotzdem sehr über die Nominierung gefreut. Ich wollte unbedingt wissen, wer mich nominiert hat und habe bei der Deutschen Schlaganfallstiftung angerufen.

Ich sprach mit der Redakteurin Anne-Marie Brockmann und sie war so nett und hat mir mitgeteilt, dass Willi Daniels mich nominiert hat. Wow! Willi Daniels! Willi Daniels ist für mich seit meinem Schlaganfall 2010 eine Begleitung, eine Hilfe und eine Motivation. Willi ist selber betroffen und er hat die Verbindung zwischen Ärzten, Krankenkassen und Betroffenen gut austangiert.

Er hat außerdem an der Entwicklung der S3 und der S2k Leitlinie zur Sekundärprävention ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke (TIA) mitgewirkt. Im ersten Teil geht es um die Medikation und im zweiten Teil um Lebensstilveränderung.

Motivationsurkunde von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe – das freut mich sehr doll! Dankeschön!

Natürlich hab ich es mir nicht nehmen lassen Willi Daniels anzurufen und mit ihm über alte Zeiten und meine Nominierung zu sprechen. Ich habe mit ihm eine Telefonverabredung abgemacht und mir vorher Fragen überlegt.

Da ich weiß, dass ich mir manchmal Dinge nicht so gut merken kann, habe ich das Interview aufgezeichnet und mit Hilfe der Logopädin verschriftlicht:

Birte: „Warum hast du bei der Nominierung an mich gedacht?“

Willi: „Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Gütersloh hat mit mir telefoniert, ob ich jemanden wüsste. Vor zwei Jahren hab ich es nicht machen dürfen, weil ich da in der Jury war, aber dieses Mal bin ich nicht in der Jury und ich musste da was vorschlagen und da hab ich halt an dich gedacht. Das war im Frühjahr oder Sommer 2022.

Ich kenn in Deutschland sehr viele Betroffene-
Du bist für mich eine Betroffene die vom Netzwerken her, also vom digitalen, bist du sehr gut drin und machst den Leuten mit deinen Erfolgen, meines Erachtens sehr viel Mut.“

Birte: „…und die Sprachprobleme?“

Willi: „Die wenigsten Leute telefonieren ja mit dir, sondern du machst es ja online – im Blog oder bei Facebook. Da sieht man es ja nicht oder man sieht schon, wenn man weiß und in der Materie drin ist, aber man hört dich ja nicht, sondern man liest, was du da wieder geschafft hast, wie hartnäckig du bist vor allem mit dem Liegerad und so weiter und so fort.

Für mich ist das ein Ansporn für die anderen Betroffenen, weil die meisten sagen „ich beantrage irgendwas und es wird abgelehnt und ja, hab ich Pech gehabt.“ So ist halt die Einstellung bei den meisten.

Willi und Birte

Willi und ich vor sieben Jahren kennen wir uns. Online seit fast 13 Jahren. Dankeschön, Willi!

Die sollen sehen, und das sehen sie bei dir, wenn sie bei Facebook oder bei deinem Blog so reinschauen, dass du sagst: „ja, ist in Ordnung – Ablehnung, aber das interessiert mich nicht. Ich geh weiter, weil ich brauch das! – und der Erfolg gibt dir Recht.“

Birte: „Ja, allerdings! Ich versteh auch nicht, dass ich so lange brauche, aber es ist ja nun mal so…“

Willi: „Ich bin ja selber mal in einer anderen Sache vors Sozialgericht gegangen. Es zieht sich hin… ich war selber Geschäftsführung in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Ich weiß, wie das läuft. Wenn man Ablehnungen macht, geht man davon aus, größtenteils akzeptiert die Person es und dann hab ich es vom Tisch! So war mein Denken damals auch.“

Birte: „Und dann?“

Willi: „Wenn man auf die andere Seite kommt, vom Geschäftsführer in einer Krankenkasse zum Patienten, dann sieht man das von anderen Augen.“

Birte: „Warum denkst du, dass ich den Motivationspreis verdient hätte?“

Willi: „Ja, wie gesagt, durch deine Motivation, was du nicht erst seit 2022 machst, sondern seit zig Jahren, wir kennen uns ja schon… oh wann haben wir uns kennengelernt? In Hamburg in der Handwerkskammer war das. (Sieben Jahre nach dem Schlaganfall und davor haben wir uns ja auch schon gekannt per online). Du machst das ja nicht nur ein Jahr (Social media), sondern über zig Jahre, sogar ein Jahrzehnt und du bist da immer noch.

Umgedreht die Wörter: Quatsch kommt da vielleicht raus aus dem Mund – ich übe

Du bist da immer hartnäckig und das ist in meinen Augen Motivation und es ging ja um den Motivationspreis. Und somit ist meine Meinung gewesen, und das hab ich der Schlaganfallstiftung auch mitgeteilt, dass du die Leute, auch mit deinen Beiträgen in sozialen Netzwerken motivierst etwas zu tun, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern zu sagen „Brauch ich! Will ich haben!“ und dann etwas dafür zu tun. Von alleine kommt nix. Und da bist du die Person die das stellvertretend für 1000 andere so sehr gut macht.“

Birte: „Und ich denke so: „Oh weia, wenn du das nicht verstehen kannst, also was die anderen nicht verstehen  kann, weil ich Probleme hab mit der Sprache. Dann machen die alle Schluss mit mir, sag ich mal so.““

Willi: „Birte, ich hab es dir glaube auch in Hamburg damals gesagt. Nach meinem Schlaganfall – ich konnte kein Wort mehr reden und ich weiß wie die Situation ist und ich hab schon gesagt die sind nicht zu mir gekommen.

Was soll ich denn? Der kann doch gar nicht reden – und dann bin ich zu den Leuten gegangen. Nur so erreicht man was. Und dann dauert das halt länger. Hilft nix. Da müssen sie durch, die Gesunden. Das muss man knallhart so sagen.

Es ist ja leider nichts geworden, die letzten Tage… die Stiftung hat ja die Ergebnisse verbreitet bei Facebook. Da hab ich keinen Einfluss gehabt. Jeder sieht es anders. Und vor zwei Jahren (als ich in der Jury war), da bekommt man, was weiß ich, so 30 (in 2022 sind es 80) Vorschläge und das ist sehr schwer zu entscheiden der oder der und es ist Glückssache, wenn man dann Preisträger ist, aber ich finde es ja schön.

Ich war ja auch nominiert worden und war dann auch Preisträger. Es ist ja auch schön, wenn man nominiert wird. Da merken die Leute, da schaut einer auf jemanden, weil wenn nie was kommt, dann fragt man sich „Für was macht man das eigentlich?“. Aber es ist auch ein Zeichen der Dankbarkeit. So wie du – du machst seit Jahren was-  und das muss man zur Kenntnis nehmen und dann auch selber auch was tun, damit solche Leute wie du nominiert werden. So denke ich!“

Willi Daniels

Willi Daniels, Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um Gesundheit und Pflege in Bayern, Willi Daniels ist selbst Schlaganfallbetroffener. Seit mehr als 20 Jahren engagiert er sich bundesweit im Bereich Schlaganfall, war 7 Jahre Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Preisträger beim Motivationspreis Deutschland 2014.

Birte: „Ja… ich danke Dir! Echt! Ich freu mich so! Danke, dass du mich nominiert hast für den Motivationspreis!

Das macht mir Mut, weiterzugehen in kleinen Schritten und das öffentlich zu zeigen. Das sieht für die Leser zwar aus wie kleine Schritte, aber für mich sind es große Schritte und ich möchte immer weiter dranbleiben, auch nach 13 Jahren :) . Die Nominierung hat meine bisherigen „kleinen-großen“ Schritte gewürdigt. Da danke ich dir, Willi, sehr!

Das was ich sagen möchte und meine wird häufig nicht gut verstanden, weil ich das nicht präzise ausdrücken kann, was ich meine. Das macht mich sehr traurig. Viele Male kommt es dann zu Missverständnissen. Aber da muss ich durch.

Für mich ist das wunderbar, zum Beispiel meine Arbeit auf Social Media weiterzuführen, weil ich dadurch (schriftlich) mehr ausdrücken kann, was mir MOMENTAN mündlich NOCH NICHT so gut gelingt.

Aber ich übe weiter! Vielleicht werde ich in zwei Jahren ja nochmal von der deutschen Schlaganfall-Hilfe für den Motivationspreis nominiert…? Mal sehen, was ich dann, in zwei Jahren schon kann! 

Hören – Lesen – Sprechen – Schreiben

Ich bin Birte und ich bin eigentlich Redakteurin, aber ich hatte einen Schlaganfall mit Broca-Aphasie und über 1200 Stunden Logopädie.

Jetzt bin ich schon viel weiter und kann, mit Hilfe meiner Logopädin, kurze Texte für meinen Blog und für madoo.net verfassen. Jeder Schlaganfall (Massenblutung oder Verschluß eines Blutgefäßes im Gehirn (ich habe einen Stent, also Verschluß im Gehirn)) ist ein anderer Schlaganfall.

Manche Sachen mache ich unwillkürlich, zum Beispiel die Stirn runzeln oder den Mundwinkel hochziehen (weil ich mich so stark konzentriere) und manche Sachen kann ich nicht, zum Beispiel Klavier spielen mit zwei Händen.

Viele Leute wissen nicht, dass solche Sachen auch mit dem Schlaganfall zu tun haben.

Manche denken, man ist nach dem Schlaganfall noch derselbe Mensch wie vorher. Aber so ein Schlaganfall verändert einen, zum Beispiel weil man gezwungen ist Hilfe anzunehmen, da man Dinge einfach nicht mehr alleine schafft oder man plötzlich nicht mehr so sprechen kann, wie man das möchte.

So ungefähr funktioniert das, was im Kopf passiert wenn wir ein Wort lesen. Bei Menschen mit Schlaganfall kann es an verschiedenen Stellen zu Problemen kommen. (Grafik: meine Logopädin)

Das Lesen ist bei mir nicht so stark eingeschränkt. Ich finde das Lesen toll, vor allem das Querlesen. Aber da „stolper“ ich natürlich, weil ich mir eigentlich mehr Zeit nehmen müsste, um das richtig zu lesen.

Aber es macht mich ganz kirre (vor allem wenn der Text länger als zehn Zeilen ist und die Sätze einen ungewöhnlichen Satzbau haben oder verschachtelt sind).

Vor dem Schlaganfall war das alles kein Problem. Und da möchte ich wieder hinkommen…

Ich muss ja einen Überblick über das, was im Text wesentlich ist, behalten. Über verschachtelte Sätze muss ich besonders nachdenken. Dabei runzel ich dann oft die Stirn oder ziehe den Mundwinkel hoch.

Warum sind meine Sätze beim Sprechen und beim Schreiben oft durcheinander? Der Grund ist, weil ich das nicht gut strukturieren kann, wenn ich es das erste Mal schreibe. Außerdem ist es für mich bei längeren Sätzen schwierig zu behalten, was ich jetzt eigentlich sagen wollte.

Ich denke dann so sehr über den korrekten Satzbau nach, dass ich vergesse, was ich eigentlich sagen wollte. Dazu kommt noch, dass ich manchmal überlegen muss, wie die Wörter eigentlich geschrieben werden. Also wieder anstrengend. So dass ich Pause machen muss!

An welchen Stellen es Probleme gibt kann man von außen nicht sehen – nur was am Ende rauskommt für ein Quatsch :) Und runzeln der Stirn – aber daran kann man nur erkennen dass das richtig schwer ist! Grafik: meine Logopädin

Wenn ein Text fertig ist, lege ich ihn weg und mache etwas anderes, zum Beispiel die Gartenarbeit oder einen Kaffee kochen. Danach nehme ich mir wieder den Text und lese ihn nochmal. Dabei finde ich dann oft einige (aber nicht alle) Fehler. Das heißt, obwohl das Lesen bei mir noch nicht so hundertprozentig gut klappt, kann ich es als Hilfe für die Strukturierung von Sätzen benutzen, zum Beispiel nicht „…, weil der Schnee ist schön“ sondern „…, weil der Schnee schön ist.“

Beim Sprechen kommt noch dazu, dass ich Wortfindungsstörungen habe. Das heißt, mir liegen die Wörter auf der Zunge, aber ich komme einfach nicht auf deren Namen. Dafür habe ich mit der Logopädin zwei Strategien erarbeitet. Entweder überlege ich mit welchem Buchstaben das Wort beginnt ( zum Beispiel „fängt mit B… an….ach ja, Baum“) oder ich überlege wo das steht, wie das aussieht, was man damit machen kann (zum Beispiel „steht im Wald, hat viele Blätter… ach ja, Baum.“). Wenn das alles nicht hilft, dann muss ich das Wort löschen und ein anderes benutzen. Das ist auch eine Strategie! :-)

Mittlerweile ist es auf Twitter (mittlerweile 33.214 Tweets auf @zuckerhunde) stetig besser geworden. Das ist toll! Manchmal plapper ich wie ein Weltmeister und die Sätze sind trotzdem richtig. Aber manchmal, wenn ich aufgeregt bin, dann kann ich das nicht so präzise machen.

Beim Verstehen muss ich mich bei längeren Äußerungen noch sehr konzentrieren, damit ich sie richtig verstehe. Dazu spreche ich mir den Satz leise vor. Leider vergesse auch hier manchmal Teile und dann ist es schwierig für mich mein Gegenüber zu verstehen. Ich frage dann , ob die Person es bitte nochmal sagen kann.