Schriftlich oder mündlich – das ist zwei verschiedene Sachen

Das ist schriftlich oder mündlich oder mit Anleitungen zu reden – das ist alles unterschiedlich, wie man sieht. Das ist komisch? Das ist ein Schlaganfall mit Sprachstörungen.

Halt peu a peu…

In den vergangenen Therapieeinheiten wurde weiterhin am Abbau des Agrammatimus, der Strukturierung von Äußerungen (schriftlich und mündlich) mit Haupt- und Nebensätzen und der Verbesserung vom Wortabruf gearbeitet.

Außerdem stand in-vivo-Arbeit im Vordergrund. So wurden vor wichtigen Telefonaten oder Arztbesuchen Informationen und Formulierungen gemeinsam erarbeitet, um mich in solchen Situationen mehr Sicherheit und Selbstständigkeit zu ermöglichen.

Ein emotionales Wort zu sagen ist ein Prozess

Diese Übungen fallen ihr noch schwer und sie benötigt noch viel Unterstützung.

Am 22. Dezember 2023 ein Bericht folgender Fakten: es wurde weiterhin die Strukturierung von Äußerungen im Mittelpunkt. Ich lasse in meinen Erzählungen noch oft Informationen weg, die ein Zuhörer benötigt, um meinem Gesagten folgen zu können. Mittlerweile bemerke ich das häufiger selbst, dass und welche Informationen fehlen – und kann diese noch ergänzen. Das ist toll!

Außerdem werden in den Therapieeinheiten viele in-vivo-Übungen (Telefonate mit Krankenkasse, Terminvereinbarung bei Ärzten/Therapeuten) gemacht, um mir die  Kommunikation im alltäglichen Leben zu verbessern und ihr somit mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen.

Hierzu werden zum Beispiel Informationen für Telefonate vorher gemeinsam verschriftlicht.

Am 28. Juli 2022 in den vergangenen Therapieeinheiten wurde weiterhin an der Strukturierung von Sätzen und am Einsatz von Funktionswörtern bearbeitet. Personalpronomen und Präpositionen fallen mir immer noch schwer! Ich brauche lange und überlege…

An welchen Stellen es Probleme gibt kann man von außen nicht sehen – nur was am Ende rauskommt für ein Quatsch :) Und runzeln der Stirn – aber daran kann man nur erkennen dass das richtig schwer ist.

Außerdem wurde am Aufbau von Texten und Erzählungen gearbeitet, da ich oft Informationen auslässt, welche dem Zuhörer das Verständnis erschweren. Hier benötigt sie noch oft Hilfestellungen durch Visualisierungen oder Nachfragen. Ach ja, stimmt, sage ich dann…

Im April 22 wurde verstärkt an der Strukturierung von Sätzen und dem Gebrauch von Funktionswörtern (zum Beispiel Präpositionen) gearbeitet. Ich bin noch hier noch unsicher, man glaubt das nicht. Aber es ist so, nach 1300 Stunden und Übungen!

In der Spontansprache kommt es immer wieder zu einer fehlerhaften Verstellung im Satz oder zu Unsicherheiten bei der Verwendung von Präpositionen.

In den kommenden Stunden soll der Behandlungsschwerpunkt weiterhin in diesen Bereichen liegen.

Hören – Sprechen – Schreiben – Lesen hier nochmal lesen: http://blog.birte-oldenburg.de/?p=4531

Motivations-Urkunde von der Stiftung Schlaganfall-Hilfe…

…und meine Motivation unbedingt weiterzumachen!

Im Juli diesen Jahres habe ich erfahren, dass ich für den diesjährigen Motivationspreis der Deutschen Schlaganfallstiftung nominiert wurde. Dieser Preis wird von der Stiftung seit 2012 alle zwei Jahre verliehen. Damit sollen Menschen (Betroffene, Ehrenamtliche, Fachleute, Angehörige) exemplarisch ausgezeichnet werden, die sich gegen den Schlaganfall und dessen Folgen einsetzen.

Die Verleihung des Preises war im Oktober. Ich habe zwar den Preis nicht gewonnen, aber mich trotzdem sehr über die Nominierung gefreut. Ich wollte unbedingt wissen, wer mich nominiert hat und habe bei der Deutschen Schlaganfallstiftung angerufen.

Ich sprach mit der Redakteurin Anne-Marie Brockmann und sie war so nett und hat mir mitgeteilt, dass Willi Daniels mich nominiert hat. Wow! Willi Daniels! Willi Daniels ist für mich seit meinem Schlaganfall 2010 eine Begleitung, eine Hilfe und eine Motivation. Willi ist selber betroffen und er hat die Verbindung zwischen Ärzten, Krankenkassen und Betroffenen gut austangiert.

Er hat außerdem an der Entwicklung der S3 und der S2k Leitlinie zur Sekundärprävention ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke (TIA) mitgewirkt. Im ersten Teil geht es um die Medikation und im zweiten Teil um Lebensstilveränderung.

Motivationsurkunde von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe – das freut mich sehr doll! Dankeschön!

Natürlich hab ich es mir nicht nehmen lassen Willi Daniels anzurufen und mit ihm über alte Zeiten und meine Nominierung zu sprechen. Ich habe mit ihm eine Telefonverabredung abgemacht und mir vorher Fragen überlegt.

Da ich weiß, dass ich mir manchmal Dinge nicht so gut merken kann, habe ich das Interview aufgezeichnet und mit Hilfe der Logopädin verschriftlicht:

Birte: „Warum hast du bei der Nominierung an mich gedacht?“

Willi: „Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Gütersloh hat mit mir telefoniert, ob ich jemanden wüsste. Vor zwei Jahren hab ich es nicht machen dürfen, weil ich da in der Jury war, aber dieses Mal bin ich nicht in der Jury und ich musste da was vorschlagen und da hab ich halt an dich gedacht. Das war im Frühjahr oder Sommer 2022.

Ich kenn in Deutschland sehr viele Betroffene-
Du bist für mich eine Betroffene die vom Netzwerken her, also vom digitalen, bist du sehr gut drin und machst den Leuten mit deinen Erfolgen, meines Erachtens sehr viel Mut.“

Birte: „…und die Sprachprobleme?“

Willi: „Die wenigsten Leute telefonieren ja mit dir, sondern du machst es ja online – im Blog oder bei Facebook. Da sieht man es ja nicht oder man sieht schon, wenn man weiß und in der Materie drin ist, aber man hört dich ja nicht, sondern man liest, was du da wieder geschafft hast, wie hartnäckig du bist vor allem mit dem Liegerad und so weiter und so fort.

Für mich ist das ein Ansporn für die anderen Betroffenen, weil die meisten sagen „ich beantrage irgendwas und es wird abgelehnt und ja, hab ich Pech gehabt.“ So ist halt die Einstellung bei den meisten.

Willi und Birte

Willi und ich vor sieben Jahren kennen wir uns. Online seit fast 13 Jahren. Dankeschön, Willi!

Die sollen sehen, und das sehen sie bei dir, wenn sie bei Facebook oder bei deinem Blog so reinschauen, dass du sagst: „ja, ist in Ordnung – Ablehnung, aber das interessiert mich nicht. Ich geh weiter, weil ich brauch das! – und der Erfolg gibt dir Recht.“

Birte: „Ja, allerdings! Ich versteh auch nicht, dass ich so lange brauche, aber es ist ja nun mal so…“

Willi: „Ich bin ja selber mal in einer anderen Sache vors Sozialgericht gegangen. Es zieht sich hin… ich war selber Geschäftsführung in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Ich weiß, wie das läuft. Wenn man Ablehnungen macht, geht man davon aus, größtenteils akzeptiert die Person es und dann hab ich es vom Tisch! So war mein Denken damals auch.“

Birte: „Und dann?“

Willi: „Wenn man auf die andere Seite kommt, vom Geschäftsführer in einer Krankenkasse zum Patienten, dann sieht man das von anderen Augen.“

Birte: „Warum denkst du, dass ich den Motivationspreis verdient hätte?“

Willi: „Ja, wie gesagt, durch deine Motivation, was du nicht erst seit 2022 machst, sondern seit zig Jahren, wir kennen uns ja schon… oh wann haben wir uns kennengelernt? In Hamburg in der Handwerkskammer war das. (Sieben Jahre nach dem Schlaganfall und davor haben wir uns ja auch schon gekannt per online). Du machst das ja nicht nur ein Jahr (Social media), sondern über zig Jahre, sogar ein Jahrzehnt und du bist da immer noch.

Umgedreht die Wörter: Quatsch kommt da vielleicht raus aus dem Mund – ich übe

Du bist da immer hartnäckig und das ist in meinen Augen Motivation und es ging ja um den Motivationspreis. Und somit ist meine Meinung gewesen, und das hab ich der Schlaganfallstiftung auch mitgeteilt, dass du die Leute, auch mit deinen Beiträgen in sozialen Netzwerken motivierst etwas zu tun, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern zu sagen „Brauch ich! Will ich haben!“ und dann etwas dafür zu tun. Von alleine kommt nix. Und da bist du die Person die das stellvertretend für 1000 andere so sehr gut macht.“

Birte: „Und ich denke so: „Oh weia, wenn du das nicht verstehen kannst, also was die anderen nicht verstehen  kann, weil ich Probleme hab mit der Sprache. Dann machen die alle Schluss mit mir, sag ich mal so.““

Willi: „Birte, ich hab es dir glaube auch in Hamburg damals gesagt. Nach meinem Schlaganfall – ich konnte kein Wort mehr reden und ich weiß wie die Situation ist und ich hab schon gesagt die sind nicht zu mir gekommen.

Was soll ich denn? Der kann doch gar nicht reden – und dann bin ich zu den Leuten gegangen. Nur so erreicht man was. Und dann dauert das halt länger. Hilft nix. Da müssen sie durch, die Gesunden. Das muss man knallhart so sagen.

Es ist ja leider nichts geworden, die letzten Tage… die Stiftung hat ja die Ergebnisse verbreitet bei Facebook. Da hab ich keinen Einfluss gehabt. Jeder sieht es anders. Und vor zwei Jahren (als ich in der Jury war), da bekommt man, was weiß ich, so 30 (in 2022 sind es 80) Vorschläge und das ist sehr schwer zu entscheiden der oder der und es ist Glückssache, wenn man dann Preisträger ist, aber ich finde es ja schön.

Ich war ja auch nominiert worden und war dann auch Preisträger. Es ist ja auch schön, wenn man nominiert wird. Da merken die Leute, da schaut einer auf jemanden, weil wenn nie was kommt, dann fragt man sich „Für was macht man das eigentlich?“. Aber es ist auch ein Zeichen der Dankbarkeit. So wie du – du machst seit Jahren was-  und das muss man zur Kenntnis nehmen und dann auch selber auch was tun, damit solche Leute wie du nominiert werden. So denke ich!“

Willi Daniels

Willi Daniels, Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um Gesundheit und Pflege in Bayern, Willi Daniels ist selbst Schlaganfallbetroffener. Seit mehr als 20 Jahren engagiert er sich bundesweit im Bereich Schlaganfall, war 7 Jahre Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Preisträger beim Motivationspreis Deutschland 2014.

Birte: „Ja… ich danke Dir! Echt! Ich freu mich so! Danke, dass du mich nominiert hast für den Motivationspreis!

Das macht mir Mut, weiterzugehen in kleinen Schritten und das öffentlich zu zeigen. Das sieht für die Leser zwar aus wie kleine Schritte, aber für mich sind es große Schritte und ich möchte immer weiter dranbleiben, auch nach 13 Jahren :) . Die Nominierung hat meine bisherigen „kleinen-großen“ Schritte gewürdigt. Da danke ich dir, Willi, sehr!

Das was ich sagen möchte und meine wird häufig nicht gut verstanden, weil ich das nicht präzise ausdrücken kann, was ich meine. Das macht mich sehr traurig. Viele Male kommt es dann zu Missverständnissen. Aber da muss ich durch.

Für mich ist das wunderbar, zum Beispiel meine Arbeit auf Social Media weiterzuführen, weil ich dadurch (schriftlich) mehr ausdrücken kann, was mir MOMENTAN mündlich NOCH NICHT so gut gelingt.

Aber ich übe weiter! Vielleicht werde ich in zwei Jahren ja nochmal von der deutschen Schlaganfall-Hilfe für den Motivationspreis nominiert…? Mal sehen, was ich dann, in zwei Jahren schon kann! 

Wenn man ganz frisch eine Sprachstörung hat…

Als Erstes empfehle ich logopädische Praxen in eurem Umfeld anzurufen. Viele haben eine Warteliste, weil es nicht genügend Logopäden und Logopädinnen gibt. Außerdem empfehle ich, dass er nach der Reha, mehr als einmal in der Woche in einer logopädischen Praxis behandelt wird.

  • Komm in die Selbsthilfegruppe „Aphasie-online“ auf Facebook. Du kannst dann einen der Admins auf der Facebookseite anschreiben und bekommst eine Einladung. In der Gruppe sind Angehörige und auch Aphasiker. Dort bekommt man auch Ideen, was man noch so zur Unterstützung machen kann.
  • Vielleicht kann er Spiele (z.B. Memory) nutzen, um seine Sprache zu üben. Auch leichte Schulter Kreuzworträtsel, Wörter erraten, Name-Stadt-Land.
  • Ich nutze Strategien für den Wortabruf.

Die erste Strategie ist an den ersten Buchstaben zu denken. Womit beginnt das Wort? Vielleicht kommt er dann auf das Wort.

Die zweite Strategie ist das Wort zu umschreiben. Also wie sieht es aus? Was kann man damit tun? Wenn er das nicht sagen/umschreiben kann, kann er vielleicht die Handlung, die man damit macht, nachahmen. Manchmal hilft es auch, einfach daran zu denken, z.B. Es ist ein Tier. Es ist groß. Es ist grau. Es hat einen Rüssel – ah…Elefant. Evtl. fällt ihm dann das Wort leichter ein.

  • Wenn er nicht genau weiß, was sein Mund machen muss, damit ein bestimmter Buchstabe gebildet oder gesagt werden kann (man nennt das dann auch Suchbewegungen – also er sucht mit dem Mund die richtige Position), können Lautgebärden helfen. Diese werden dann erarbeitet (am besten mit einer Logopädin oder einem Logopäden) und auch zuhause eingesetzt und geübt, wenn der Anfang von einem Wort mal wieder „feststeckt“.
  • Eine weitere Möglichkeit, um ihm die Kommunikation mit Verwandten, Freunden, Ärzten usw. erstmal zu ermöglichen ist ein Kommunikationsbuch. Das wird am besten mit der Logopädin oder dem Logopäden erarbeitet (vielleicht macht er das ja schon jetzt in der Reha). Das Buch ermöglicht ihm dann in einfachen kommunikativen Situationen sich mitzuteilen (z.B. durch Zeigen der Bilder im Buch kann er mitteilen, was er essen/trinken möchte). Damit kann er vielleicht nicht die Sprachprobleme überwinden, aber es hilft ihm im Alltag zu kommunizieren und am Alltag teilzunehmen, trotz Sprachprobleme.
  • Wenn seine Schriftsprache (Lesen und Schreiben) nicht so stark betroffen ist, kann man das nutzen ,z.B. er kann versuchen die Wörter, die er nicht sagen kann, aufzuschreiben. Er kann versuchen zu Lesen (wenn möglich laut – weil er dann auch sprechen übt). Wenn er keine Texte oder Sätze lesen kann, kann man auch Wörter aufschreiben, z.B. zu Memorykarten, er muss sie lesen und dem richtigen Bild zuordnen. Das kann auch seine Wortfindung unterstützen.
  • Nicht aufgeben! Geduldig bleiben und Millionen mal Abrufen bzw. Wiederholen! Übung macht den Meister!

Auf jeden Fall: Bei Zentrum für Aphasie & Schlaganfall UnterfrankenZentrum für Aphasie & Schlaganfall Unterfranken auch empfehlenswert! Das Zentrum hat auch jedes Jahr ein Kongress – entweder online oder eine Präsensveranstaltung.

Urteil beim Sozialgericht: Sesselrad „Van Raam Easy Rider“ ist genehmigt!

Ich freue mich riesig, denn ich habe nach drei Jahren vor dem Sozialgericht Hamburg, Geschäftszeichen S 56 KR 2769/19, mit Hilfe der Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm das Liegerad „Van Raam Easy Rider 3“, wegen meines sehr schweren Schlaganfalls, zugesprochen bekommen. Und das ist sooo irre phantastisch!

Der Vertreter der Krankenkasse hatte im Termin angekündigt, dass in Berufung gegangen wird. Aber die Berufungsfrist ist verstrichen, eine Einlegung der Berufung ist nicht bekannt und ich habe einen Bescheid bekommen, dass das Rad als Hilfsmittel bewilligt wird.

Es kommt in Deutschland nur selten vor, dass ein Erwachsener überhaupt dieses Rad als Hilfsmittel genehmigt bekommen hat. Dementsprechend gibt es auch nur wenige gerichtlich positive Entscheidungen.

Mit dem „Van Raam Easy Rider“ kann ich besser alle wichtigen Stellen, Ärzte und Therapien, aber auch Einkauf, erreichen, weil durch den zuschaltbaren Motor Hindernisse von mir überwinden werden können. Das ist super, weil ich dann selbstständiger sein kann.


Ich hatte vor zwölf Jahren einen Schlaganfall und habe jetzt immer noch eine Sprachstörung, einem rechten Arm, den ich fast nicht geöffnet kriege (wegen der Spastik) und einem rechten Bein, das auch spastisch ist und in dem ich auch noch eine Fußheberschwäche habe. Ich kann nur circa 80 Meter gehen und brauche danach eine Pause, weil sonst die Gefahr besteht, dass ich falle. Ich muss mich beim Laufen sehr stark konzentrieren. Wenn ich abgelenkt bin (zum Beispiel wenn ich bekannte Menschen treffe oder durch Hunde) oder wenn ich länger gelaufen bin, lässt die Konzentration nach und ich falle vielleicht hin. So konzentriert bin ich über das Nichtfallen. Es ist so furchtbar.

Das „Van Raam Easy Rider 3“ ist mit einem Motor und einer Tretkraftunterstützung ausgestattet. Er läuft nur, wenn ich trete. Zusätzlich hat es eine Anfahrtshilfe, das heißt wenn ich losfahre unterstützt mich der Motor beim Anfahren. Das ist bei mir besonders bei Kreuzungen oder leichten Steigungen wichtig, weil ich bei einer grünen Ampel nicht so schnell losfahren kann. So schwer ist es.

In der Gerichtsverhandlung wurde ich gefragt, wie es ist, wenn ich öffentliche Verkehrsmittel benutze. Ich habe dem Gericht gesagt, dass das für mich schwierig ist, weil ich vor dem Anfahren einen Sitzplatz haben muss, weil ich das Gleichgewicht aufgrund mangelnder Rumpfstabilität nicht halten kann und zu fallen drohe. Wenn ich in den Bus einsteige, bin ich schon sehr aufgeregt, weil ich nicht weiß, ob es mir gelingt einen Platz zu finden. Ich kann mich dann nicht mehr gut ausdrücken. Es ist so, wie die Rechtsanwältin es vor Gericht sagte: „Hinzu kommt, dass die Klägerin in einer solchen Situation sehr aufgeregt ist und bei Aufregung auch ihre Sprachstörung sich erheblich verstärkt. Das ist für einen behinderten Menschen entwürdigend.“ So ist das – entwürdigend!

Jetzt kann ich mit dem neuen Rad die Strecken fahren. Ich muss nicht mehr in dem Bus oder der Bahn sagen „Ich muss sitzen…“.

Warum ist das „Van Raam Easy Rider 3“ für mich gut?

Die Selbstständigkeit und die aktive Trainingstherapie mit dem Liegerad ist enorm hoch. Die größten Unterschiede zu meinem jetzigen Dreirad sind vor allem, dass es ein Sesselrad ist und einen kleineren Einschlagwinkel hat.


Das bedeutet, ich kann in einem kleineren Bogen um die Kurve fahren und muss nicht mehr ausholen und zum Beispiel beim Rechtsabbiegen vorher nach links auf die Fahrbahn schwenken. Das heißt, ich muss mich beim um die Kurve fahren nicht mehr darauf konzentrieren, dass ich auch wirklich den großen Bogen fahre. So ist das mit dem Schlaganfall.

Meine Krankenkasse hat als Alternative zum „Van Raam Easy Rider“ einen Elektrorollstuhl vorgeschlagen. Aber bei einem E-Rolly fehlt dann der rehabilitative Aspekt des Muskeltrainings. Außerdem lässt sich in einem Rollstuhl die Rumpfstabilität schlechter steuern. Ein E-Rolly trägt nicht zum Muskeltraining bei und es wäre zu befürchten, dass meine Muskeln sich abbauen und ich dann auch irgendwann nicht mehr meine Wohnung im ersten Stock erreichen kann.

Und außerdem ist es tierisch wichtig für mich, dass der Sessel so niedrig, wie ein normaler Stuhl ist und ich nicht mehr auf den Sattel rauf- und runterspringen muss. Ich bin sturzgefährdet (wegen meiner Lähmung) und deswegen war das bei meinem alten Rad immer gefährlich.

Außerdem habe ich schon lange Rheuma und das Raufhüpfen auf den Sattel war für mich oft schmerzhaft. Außerdem ist es ein Sessel mit einer Rückenlehne. Das ist gut, wegen meiner Rumpfstabilität. Die Muskelspannung beziehungsweise Stabilität auf meiner linken und rechten Körperhälfte ist unterschiedlich, auch die Wahrnehmung.

Ganz toll ist der Blinker! Der weist nämlich die anderen, die hinter mir fahren, an, in welche Richtung ich abbiegen möchte. Das ist Gold wert. Natürlich muss ich immer noch aufpassen. Vorher konnte ich meine Hand nicht zum Abbiegen raushalten, wegen meiner gelähmten Körperhälfte.

Alles, die Gangschaltung, die Bremse, der Knopf für die Anfahrtshilfe und ein Licht, sind links am Lenker. Das ist wichtig, weil ich zwar mein Handgelenk, aber nicht meine Finger an der rechten Hand bewegen kann.

Die Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm ist klasse! Frau Kaiser-Behm hatte ich vor dem Schlaganfall als Rechtsanwältin gehabt. Direkt nach dem Schlaganfall konnte ich gar nicht sprechen und sollte eine gesetzliche Betreuerin bekommen. Ich hatte keine Sprache und ein gestörtes Sprachverständnis, deshalb kriegte ich eine Betreuung. Ich habe dann verständlich gemacht, dass ich mit der vom Gericht eingesetzten Betreuerin nicht einverstanden mit und habe Frau Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm gebeten, die Betreuung zu übernehmen. Eigentlich macht sie keine Betreuungen, aber sie hat gesagt, dass sie mir hilft, damit ich nicht in einem Heim untergebracht werden, sondern in meiner Wohnung bleiben kann. Und sie übernimmt die Betreuung mit dem Ziel, dass ich nicht mehr betreut werden muss, weil sie der Auffassung war, dass ich mein Leben selber regeln kann. Und genau so haben wir es zusammen gemacht. Cirka neun Monate nach meinem Schlaganfall hat das Betreuungsgericht entschieden, dass ich keine Betreuung braucht. Hilfreich war dabei vielleicht auch, dass sie dem Betreuungsrichter gesagt hat, dass sie mir helfen würde, wenn Not am Mann ist. Und ja, das hat sie auch gemacht. Super, oder?

Frau Kaiser-Behm hat mich nicht nur beim Gerichtsverfahren für das „Van Raam Easy Rider“, sondern auch schon bei einigen anderen Dingen sehr unterstützt. Und dafür bin ich ihr unendlich dankbar!!!! Sie ist mein Glückpilz!

Vor einem Bundessozialgericht hat eine Schlaganfallpatientin auch ein Liegerad bekommen. Und Jürgen hat dieses Urteil im Internet gefunden, was die Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm dann auch in ihren Argumenten vor dem Sozialgericht benutzen konnte.

Ohne meinen Lebenspartner Jürgen Michaelsen, meine Hausärzte Dr. Nils Hansen, Dr. Heinrich Cordes und die Logopädin Anne Wagner hätte ich das nie geschafft! Und ohne die Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm sowieso nicht. Sie ist sensationell!

Ich kann mir das „Van Raam Easy Rider“ privat nicht leisten, weil ich viel Geld für die Betreuung ans Gericht gezahlt habe. Deswegen ist es super, dass die Rechtanwältin Kaiser-Behm das ehrenamtlich unterstützt hat.

Van Raam Easy Rider als Therapiemittel

Das Liegerad hilft mir, die Aktivität in meiner gelähmten Körperhälfte durch Bewegungs- und Muskeltraining zu stimulieren. Außerdem kann es dafür sorgen, dass die Muskelspannung in meinen beiden Körperhälften ähnlicher wird, eventuell die Spastik etwas reduziert wird und meine Koordinationsfähigkeit verbessert wird.

Zusätzlich kann ich damit meine Kraftausdauer trainieren, indem ich zum Beispiel unterschiedlich lange oder schwierige Strecken fahre (zum Beispiel mit Anstieg) oder mein Rad unterschiedlich schwer beladen kann.
Fahrradfahren ist auch eine Bewegungstherapie und sorgt dafür, dass meine Gelenke auch in Zukunft weiter gut funktionieren und Gelenkschmerzen vermieden werden.