Danke, Anna!

Am 13.8.2010 war ich das erste Mal bei Anna Craston zur Logopädie. Heute war das die 409. Stunde.

Anna verlässt die Praxis zum 31.1.2014, um in einem Kindergarten mit behinderten Kindern zu arbeiten. Das ist natürlich toll – aber für mich ist das traurig. So lange haben wir zusammen gearbeitet. Danke, Anna, dass du so lange da warst!

Am Anfang hatte ich fast nur Telegrammstil und heftige Wortfindungsstörungen. Die kleinen Funktionswörter (zum Beispiel „bei“, „zu“, „euch“, „um“, „für“, „den“ und „dem“) waren wahnsinnig schwer, zu finden, vorzulesen, und auch zu verstehen.

Meine Fehler hab ich weniger bemerkt. Jetzt ist meine Selbstkontrolle besser. Aber ich ärgere mich dadurch auch mehr über mich selbst. Ja, so ist es :) Grummel.

Ich falle heute noch manchmal in den Telegrammstil zurück. Das passiert zum Beispiel, wenn ich müde bin, wenn ich mich lange angestrengt hab oder bei Aufregung bei neuen Leuten. Ganz langsam erhole ich mich. Das ist ein grosses Glück, dass ich noch Fortschritte mache.

Anfangs war ich total verwirrt, aus Überforderung, hab ich oft geweint, geflucht, oder wurde böse (ja? Weiss ich gar nicht. Entschuldigung, war nicht die Absicht!) Jetzt bin ich klarer. Ich komme immer besser damit klar, dass ich so bin. Aber dann auch weitermachen!

Ich merke auch immer wieder, dass das Sprachverständnis besser wird. Zum Beispiel das Fernsehen, das war mir früher zu anstrengend, jetzt geht es wieder etwas besser.

Alte Freunde sehe ich immer seltener, weil ich oft zu fertig bin, um auf die andere Seite der Stadt zu kommen. Mit Auto geht das – aber ich hab keinen Auto mehr. Vielleicht würde ich auch das nicht schaffen. Also mit dem Taxi – das ist zu teuer…

Reden – das ist was ganz anderes: schwerer als schreiben, bei mir ist das so.

Beim Schreiben auf Facebook und Twitter merkt man, ob ich gerade müde bin, oder nicht. Manchmal schreib ich nur unverständlichen Quatsch, das fällt mir erst hinterher auf. An den meisten Tagen geht es immer sicherer.

In dem Blog schreibe ich zusammen mit Anna. Erst sammeln wir Gedanken, dann sortieren wir sie, und dann schreiben wir sie auf. Dabei korrigiert Anna die Fehler :)

Ziele und Wünsche: Den Blog möchte ich alleine schreiben. Mein langfristiges Ziel ist: wieder auf 400 Euro Basis arbeiten zu gehen, Kampagnen zu unterstützen, oder als Redakteur im Blog oder so.

Ich weiss nicht, ob das realistisch ist. Wir werden sehen!

Tschüss, Anna, mach es gut!

PS: Lesen gehört noch dazu. Das Lesen hat sich verbessert, aber Blog-Text ist ein Problem. Zwischen zwei Absätzen brauche ich eine Leerzeile. Sonst kann ich das nicht lesen. Ich brauche, glaub ich, einen Termin beim Augenarzt.

Botox: Noch mehr Einheiten

Sechste Spritze Botox: Am 9. Dezember war ich bei Dr Bäumer, dem Oberarzt für Bewegungsstörungen und Neuropsychiatrie bei Kindern und Erwachsenen – im Institut für Neurogenetik in Lübeck.

Da hab ich Botox gespritzt bekommen, wie alle 3 Monate. Der Arzt war mal am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in Hamburg, ist jetzt aber umgezogen.

Diesmal hab ich insgesamt mehr bekommen – nämlich 240 MU Xeomin. Letztes Mal waren das 190 MU. Dr Bäumer hat dieses Mal 2 neue Muskeln dazugenommen.

Wie ihr auf dem Foto seht, hat er ein Ultraschallgerät benutzt. Damit hat er kontrolliert, wo die Spritze angesetzt werden muss.

Ich war unsicher, weil Iris, meine Ergotherapeutin, gesagt hat Botox wäre vielleicht schädlich, weil keine Studie zu der Langzeitwirkung da ist.

Dr. Markus Ebke, Neurologe am Klinikum in Nürmbrecht hat gesagt: „Botulinumtoxin hat keine langfristigen negativen Folgen auf die Muskeln. Wir blicken auf 45 Jahre Botulinumtoxinbehandlung bei Patienten zurück.

Nach jeder Injektion klingt die Wirkung cirka drei Monate später wieder vollständig ab, der vormals geschwächte Muskel erlangt dann seine Wirkung wieder. Dies eben auch Jahrzehnte lang unter der Behandlung.“

„Gute Nachrichten, oder?“ fragt Stephan von Kolson, Kommunikation für die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Sehr gut“, sage ich. „Vielen Dank!“

Etwas Lachendes… und zum Nachdenken

Kaputt – im Kopf… Halt unter anderem durch Schlaganfälle…

300 betroffene Kinder und Jugendliche gibt es jedes Jahr in Deutschland. Knapp 270.000 Schlaganfälle ereignen sich nach aktuellen Berechnungen jährlich in Deutschland. Etwa 200.000 davon sind erstmalige Schlaganfälle. Schlaganfall-Hilfe gibt dazu Auskunft.

Gesehen ausserhalb der U-Bahn Station in „Fuhlsbüttel“ auf dem Weg zu der Gruppen-Logopädie. Diese Weihnachtsmänner sind wohl auch ein bisschen krank im Kopf…

Der Schaden ist ziemlich gross

Ich war zum MRT (Kernspintomographie) in der radiologischen Allianz im Quartier 21. Da wurde mein Kopf nach langer Zeit mal wieder untersucht. Ich hatte vorher grosse Angst, das ein zweiter Schlaganfall gewesen wäre. Zum Glück war das nicht so!

Die rechte Hirnhälfte ist zum Glück nicht beschädigt. Und völlig unauffällig. Aber links sieht man wieviel der Schaden kaputt gemacht hat. Der Schaden ist ziemlich gross. O weh! Wusste ich gar nicht, wieviel es ausgemacht hat! Er ist nicht nur ausgebreitet, sondern es geht auch in die Tiefe.

Ein in Scheiben geschnittener Kopf sieht schon komisch aus: bei dem Bild mit dem Pfeil sieht mein Gehirn aus wie ein grinsendes Gesicht :)

Der Schaden ist auf der linken Seite bei mir, da wo der rote Kringel ist. Im MRT sieht das anders rum aus.

Gut, das ich Ergo, Logo, Gruppe-Logo, Krankengymnastik, Aquatraining, Spiegeltherapie gemacht hab und machen noch immer, auch zu Hause.

Danke, Doktorchen, das du immer aufgeschrieben hast!

 

Ein ereignisreiches Wochenende

Die deutsche Schlaganfall-Hilfe hat, wie jedes Jahr, ein junges Schlaganfall-Treffen organisiert in Lobbach, das ist in der Nähe von Heidelberg.

Gut für mich: letztes Jahr war ich noch viel müder und konnte es weniger genießen. Und dieses Jahr bin ich länger aufgeblieben.

Ich bin am Donnerstag abend mit dem Bus nach Heidelberg gefahren. Das waren acht Stunden, und trotz meiner Thrombose-Strümpfe hab ich dicke Beine gekriegt. Klasse 1 sind die Strümpfe, also nicht so fest. Klasse 2 ist fester. Siehe Foto am nächsten Tag beim Liegerad fahren, so dick sind die Beine :(.

Das war schön und ich habe lange, bestimmt eine Stunde, ausprobiert. Mit Klaus Vogel, dem Mitarbeiter  der Firma Hasebikes.com. Er ist mitgekommen, auch auf dem Liegerad, mit steigenden Wegen. Mit dem leichten Liegerad, ist es nicht so unangenehm wie mit meinem Dreirad mit hohem Sitz in Hamburg. D
Die Po-Muskeln sind beim Liegerad auch aktiver.
Und auch mit dem rechten Arm und den Handmuskeln habe ich gelenkt! Bei dem Liegerad geht das richtig toll!

Mit dem rechten Zeigefinger und Mittelfinger hab ich die Bremse gegriffen und gebremst. Das ist für meine rechte Hand sehr schwer. Die Schulter und der Arm funktieren ja ganz gut, die Hand war ja ganz wenig nur. 2 oder 3 mal hat das geklappt!

Kettwiesel heisst das Liegerad. Das hätte ich so gerne! Leider kostet es 2.699 Euro, bei eBay ist es günstiger. Klaus Vogel sagt, dass die Barmer vielleicht ein Teil bezahlt. Das will ich auf jeden Fall versuchen!

Claudia Scheer hat mit uns Entspannungsübungen für Körper und Geist gemacht. Für mich war das Klasse! Das waren 3 Stunden mit riechen, schmecken, fühlen und dann Augen zu. Das tut meiner Seele gut!

Auf diesem Foto kann man ein Ei und eine Glaskugel sehen. Ich hatte

meine Augen zu, Claudia Scheer hat die Glaskugel in meine rechte Hand gelegt. Ich habe gefühlt, dass das nicht so schwer war. Da ist die rechte Hand ganz leicht komplett aufgegangen. Die Kugel ist runter gefallen – dir war wohl doch schwerer als ich dachte :)

Beim zweiten Mal hat die Spastik sich nicht mehr gelöst.

Auch Ulrike Dickenhorst als möchte ich noch erwähnen. Nächstes Jahr werde ich noch berichten, wie das heute vor einem Jahr war, und jetzt.

Insgesamt hat mir das Treffen wohl getan. Auf dem Rückweg hab ich das  Glück gehabt, das liebe Leute aus Hamburg mich mitgenommen haben im Auto.

Kommunikation seit drei Jahren

Ich hab gefragt, was ich in meinem Blog aufschreiben soll. Alexander Fillbrandt hat vorgeschlagen, „wie hat sich die Kommunikation mit der Aphasie verändert?“ Dazu haben Anna und ich uns ein paar Gedanken gemacht.

Alexander Fillbrandt ist Logopäde und bloggt auch.

Ich bin nicht so ein schüchterner Mensch. Von Anfang an, auch als ich kaum Worte gefunden hab, hab ich versucht, vieles allein zu regeln. Ich hatte Hilfe von der lieben Rechtsanwältin Heike Kaiser-Behm die mich am Anfang, als ich noch viel wirrer war, unterstützt hat. Danke!

Immer nach vorne geguckt

Ich hab das gar nicht registriert am Anfang, wie schlimm das mit der Aphasie war. Immer nach vorne geguckt. Dadurch hatte ich zum Glück nicht so viele Hemmungen drauf los zu quatschen. Gott sei dank!

Häufig war ich genervt von mir selber. Alter Schwede, war ich genervt! Ich war abhängig von den anderen und angewiesen auf kommunikatives Entgegenkommen. Für mich war das grausam!

Anfassen, meine Mimik oder der Tonfall – alles Dinge die mir helfen, wenn ich nicht so gut sprechen kann. Das ist wichtig für mich. Wenn möglich, regele ich wichtige Dinge persönlich oder bei Skype oder so. Das ist einfacher als am Telefon, weil es weniger Missverständnisse gibt.

Bei Missverständnissen muss ich noch prüfen ob der Fehler bei mir ist – bevor ich böse auf die anderen bin. <<Das fällt mir noch schwer.>>

Kommunikation ist anstrengend

Kommunikation ist anstrengend, auch wenn es gute Gespräche sind. Nach einem langen Abend mit Freunden bin ich glücklich, aber es ist auch anstrengend gewesen!

Ich vermeide Dinge, von denen ich merke, das sie mir zu kompliziert sind – und ich verschiebe sie auf 1 oder 2 Jahre später.

Ich mag das gar nicht, aber ich bin oft neidisch auf andere Menschen: zum Beispiel auf Schlaganfall-Menschen mit 2 Händen, Leute die besser sprechen als ich.
<<Entschuldigung, es ist mir selber peinlich, aber es ist so :( >>

Kommunikation mit anderen Aphasie-Patienten tut gut, weil sie mich wirklich verstehen – zum Beispiel: ich bin nächstes Wochenende in Heidelberg bzw Lobbach, bei Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Das tut mir gut, inclusive Auto-Fahren und Dreirad-Fahren und viele Freunde und Reden.

Dreirad fahren

Das ist schön, Dreirad zu fahren!!! Am 3. 3. 2010, da ist das passiert mit dem Schlaganfall in der Krankengymnastik-Praxis. Jetzt, 3 Jahre später – halt Training – ist was Tolles passiert: ich kann Fahrrad fahren.

Das Aufsteigen war schwierig, weil mein Rad eine hohe Stange hat. Das Bein da rüber zu kriegen, das war schwer! Das ich das jetzt kann seit einer Woche, das ist der Hammer.

Genau genommen hab ich zwei Räder. Aus Berlin. Danke, Jan Stoklasek, das du die organisiert hast! Die Räder vonBerlin nach Winsen, bei Jürgen, zu kriegen war ganz schön schwer. Der Transport war bei allen Möglichkeiten teuer. Aber Jan hat ganz toll rausgesucht, wo es am günstigsten ist. Weil Dreiräder so gross und schwer sind, ist das viel teurer als mit dem Zweirad.

Beim Barcamp-Hamburg hab ich mit Vivian Pein gesprochen. Ich wollte gerne ein Rad in Hamburg haben. Weil Björn Wilke, der für Hermes arbeitet, auch im Social Media aktiv ist. Er und viele andere schreiben einen Blog, Twitter, Facebook, i-Phones usw, unter anderem. Also, wenn ihr wollt, Hermes ist gut :) Social Media, my dear.

Björn und eine andere Hermes-Mitarbeiterin haben den Transport ganz schnell und kostenlos organisiert – und wirklich schnell! Vielen Dank euch!!!

Meine Touren, die ich gemacht hab, gehen jeden Tag weiter. Am Anfang hab ich auf kurzen Strecken in Winsen geübt. Wie mein Papa es mir geraten hat – er hatte Recht. Jetzt klappt es auch in Hamburg. Zweimal bin ich schon in den Stadtpark gefahren, erstmal zum Wasser, dann in das Lesecafe, und zum Konzert im Planetarium.

Dann bin ich gestern zum Kiss-Treffen in Wandsbek hingefahren. Das ist eine Strecke von 4 Kilometern. Mit ein paar Pausen hab ich das prima geschafft. Sehr wichtig für die Leute mit Schlaganfall, damit das Hirn sich auch ausruhen kann. Step by Step.

Natürlich auch zur Logotherapie und woanders auch zur Ergotherapie fahre ich mit dem Rad. Vor einer Woche war das noch nicht möglich. 2 Kilometer hin, 2 Kilometer zurück. Danke das du das gesagt hast: jetzt zurück Bahn fahren. Vanessa: „Reicht! Mehr bin ich heute auch noch nicht gefahren! Und Pause nicht vergessen, Trinken und stolz sein.“ Okay!

Ich bin immer wieder begeistert, was mit Social Media alles möglich ist. Nämlich alles :) Das ist meine Welt. Das liebe ich so sehr! Und jetzt: langsam gehts :)

Ein Herzinfarkt

Bei mir war ganz viel los, in den letzten Wochen.

Zuerst hab ich die Mitbewohnerin für 5 Monaten gesucht. Dazu musste ich das ganze Zimmer renovieren – zusammen mit dem Handwerker Jürgen, Melanie, Mimi, und Torsten.

Drei Frauen haben sich das Zimmer angeguckt. Eine war mir sehr sympatisch, auch weil sie schon mal auf der Stroke Unit gearbeitet hat. Sie zieht am Dienstag bei mir ein. Ich freu mich zum Kochen, Spielen und zum Quatschen – Sprache lernen, einfach jemanden da zu haben, wenn es sich ergibt.

Am Dienstag, 4.6., da ist etwas furchbares passiert: Jürgen, der mein Freund ist, der ja auch 2010 eine Hirnblutung heftigter Sorte hatte, hatte einen Herzinfarkt!

Es ist um elf Uhr passiert. Jürgen war ganz alleine zu Hause, er hatte furchtbare Schmerzen – und ich war nicht da. Um halb zwei kam die Ergo-Therapeutin Viola. Zum Glück hat Jürgen die Haustür aufgekriegt, und sie hat gleich einen Krankenwagen gerufen.

Die haben ihn nach Winsen auf die Intensivstation gebracht. Erst da, halb acht abends, hat er mich angerufen. Ich war gerade zum Aufräumen in Warwisch. Wegen des Hochwassers musste ich alles hochstellen. Weil die Fähre nicht mehr fuhr, konnte ich nicht auf die andere Seite – zu Jürgen.

Am nächsten Tag wurde er zum Krankenhaus Buchholz gebracht. Da wurden ihm zwei Stents eingesetzt. Da hab ich ihn direkt besucht – ich war bestimmt 8 Stunden da. Danke, Dralle, dass du mich von der Fähre abgeholt hast, obwohl du gerade so viele andere Sorgen hast!

Jürgen brauchte zum Schlafen ein Sauerstoffgerät, weil er eine Schlaf-Apnoe hat. Die Maske davon ist kaputt gegangen. Und in der Klinik hatten sie keine passende, die man mit einer Hand an- und ausziehen kann. Deswegen hat Jürgen sich am Donnerstag abend selber entlassen.

Jetzt ist Jürgen zu Hause, bekommt neue Medikamente und soll sich ruhig verhalten.

Er ist ein bisschen schlapp noch, aber er hat grosses Glück gehabt.

Es war alles ein bisschen viel.

Am Wochenende muss ich die Wohnung putzen, für den Einzug der Mitbewohnerin. Aber Jürgen braucht mich auch.

PS: Wir haben beide eine Patientenverfügung in der Tasche. Einer für den anderen.